Samstag, 21. Juni 2008
Der kleine Igel - Teil 1
Der kleine Igel saß unter einem Apfelbaum und kaute Apfelkerne. Hierher kam er jeden Tag um im Schatten des Baumes die Blumen und die Tiere um ihn herum zu beobachten, die Wolken ziehen zu sehen und um zu denken.
Der kleine Igel dachte häufig sehr viel. Er dachte nach über sich, seine Freunde und die große weite Welt.
Das mochte er, denn es half ihm, wenn er einmal wieder traurig war.
Auch an diesem Tag saß der Igel unterm Apfelbaum und war traurig – Warum, dass wusste er selber nicht.
Er dachte gerade über den Grund seiner Traurigkeit nach, als ein kleiner Schmetterling sein Denken unterbrach: „He, Igel!“, rief der Schmetterling, „Was blickst du so traurig umher? Warum spielst du nicht mit uns? Es ist so ein schöner Tag!“ Igel dachte nach und antwortete: „Ich weiß nicht. Ich weiß nicht warum ich traurig bin. Bist du denn nie traurig?“ „Ich traurig? Nein, dafür gibt es doch gar keinen Grund! Den ganzen Tag fliege ich umher, von einer schönen Blume zur nächsten, und die Sonne lacht den ganzen Tag. Sieh dich doch einmal um, schau wie schön die Welt ist!“ Schweigend tat der kleine Igel was der Schmetterling ihm riet. Die Sonne schien, Vögel zwitscherten und Bienchen brummten. Er blickte hinauf in den Himmel und entdeckte weit entfernt am Horizont eine schwarze Wolke.
„Und was tust du wenn es regnet?“, fragte der Igel, „was tust du wenn die großen Tropfen auf den Boden prasseln und kein Tier sich raus traut? Dann scheint die Sonne nicht, dann sind die Blumen nicht mehr schön und dann kannst du nicht umher fliegen! Und dann, bist du dann nicht traurig?“
Der Schmetterling flatterte vor dem Igel auf und ab: „Ach Igel, wenn es regnet fliege ich nach hause, zu meinem Baum und warte bis der Regen nachlässt. Warum sollte mich das traurig machen? Ach Igel, sieh die Welt nicht immer so schwarz, du siehst immer nur das Schlechte. Das Leben ist schön!“, rief der kleine Schmetterling und flog fröhlich durch die Luft sausend fort.
Der kleine Igel sah ihm noch lange nach. Stumm betrachtete er die Wiese und die vielen Schmetterlinge, die von Blume zu Blume flogen und miteinander spielten. Wie gern würde ich so fröhlich sein, dachte sich der Igel, kaute noch zwei Apfelkerne und machte sich auf den Heimweg. Es war spät und Mama Igel wartete bereits.
Auf dem Heimweg dachte der kleine Igel über die Worte des Schmetterlings nach. Sah er wirklich alles so viel schlechter als es war? Es gab doch nicht nur die schönen Sachen im Leben, es gab doch auch so viel das traurig machte. Und von denen wusste der kleine Igel viel. Schon als er klein war verstarb Papa Igel und die kleine Igelschwester wurde schwer krank. Mama Igel war seit dem sehr allein und arbeitete hart um den kleinen Igelkindern ein möglichst gutes Leben zu ermöglichen.
Als Igel sein Zuhause erreichte wartete Mama Igel schon in der Tür. „Igel, wo warst du denn? Ich und deine Geschwister warten schon lange auf dich, wir haben uns Sorgen gemacht! Immer machst du uns Sorgen“, schimpfte Mama los. „Aber ich war doch nur unterm Apfelbaum, bei den Schmetterlingen“, erwiderte der kleine Igel, „Ich wollte doch nicht, dass ihr euch Sorgen macht!“ Mama Igel schüttelte nur den Kopf und ging hinein. Igel folgte ihr und als sie in der Küche an der Feuerstelle stand fragte er sie: „Du, Mama, kannst du mir sagen, warum ich so traurig bin?“ „Warum du traurig bist? Mein lieber Igel, jeder ist einmal traurig, das hat immer andere Gründe! Also stell dich nicht an, es gibt Leute, die sind noch viel viel trauriger als du. Und nun setz dich, es gibt Abendbrot.“ Igel setzte sich zu seinen Geschwistern, Mama tischte das Essen auf.
Während des Essens sprach niemand, denn die kleine Igelschwester war wieder kränker geworden und hustete ununterbrochen. Alle waren spürbar traurig.
Nach dem Essen brachte Mama Igel die Kinder ins Bett. Der kleine Igel lag schon im Bett als seine Mama kam, um ihm Gute nach zu sagen. „Mama“, begann er, „Mama, was ist mit Igelschwesterchen los? Wird sie wieder gesund?“ Mama Igel setzte sich ans Bett. „Das weiß ich nicht mein kleiner Igel, ich weiß es nicht. Aber ich habe eine Bitte an dich, mit der du mir und deinen Geschwistern sehr helfen würdest.“ Der kleine Igel nickte. „Wie kann ich euch denn helfen?“ „Indem du uns nicht mehr soviele Sorgen machst. Reiß dich zusammen und sei nicht so trostlos.“ Sie küsste ihn auf die Stirn, machte das Licht aus und ging hinaus.
Doch der kleine Igel konnte nicht schlafen. Er dachte über das nach, um das Mama Igel ihn gebeten hatte.
Er versuchte doch nicht mehr traurig zu sein und er versuchte doch auch, dass niemand sich Sorgen um ihn machen zu brauchte.
Die Worte von Mama Igel machten ihn noch trauriger als zuvor.
In dieser Nacht beschloss der kleine Igel fortzugehen. Er wollte, dass Mama sich keine Sorgen mehr machen musste und er wollte eine Antwort darauf finden, warum er so traurig war und keiner ihn verstand.
Er packte in seinen Rucksack eine Decke, falls es kalt werden sollte, Brot, für den Hunger, Apfelkerne, zum kauen, und seinen Schmuseteddy, denn ohne den hatte er Angst in der Dunkelheit.
Mit so vollbepackten Rucksack machte sich der kleine Igel in die weite Welt auf. Er hinterließ Mama Igel und den Igelkindern einen Zettel auf dem stand:
Ich möchte nicht, dass ihr euch um mich weiter Sorgen macht, ich möchte nicht mehr das ihr auf mich böse seit. Darum mach ich mich auf die Suche nach dem Grund für meine Traurigkeit. Ich hab euch alle lieb,euer kleiner Igel.

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